Sich für Milwaukee Zeit zu nehmen war eine gute Idee. Wir verbringen 24 Stunden in der Stadt, die wir optimal nutzen und die sich lohnt. Und wir bekommen einen vielfältigen Eindruck dieser bedeutenden Metropole in Wisconsin. Milwaukee hat heute fast 600.000 Einwohner, im Umland kommen noch einmal so viele hinzu. Viele deutsche Einwanderer prägten diese Stadt und die Region. Vor 100 Jahren waren 70 % der Einwanderer Deutsche oder deutscher Abstammung. Dies hat das Bild der Stadt und seine Wirtschaft geprägt. Wie sehr uns der Besuch des Harley – Davidson Museums gefallen hat, konnte man schon gestern sehen. Übernachtet haben wir gleich in der Nähe, im Zentrum. Am Abend haben wir mal Sachenschau gemacht. Was wird nicht mehr benötigt, was war unnütz, und was muß gewaschen werden. Wir spazieren gleich noch in der Nachbarschaft in einen Waschsalon, und hatten Sonntagabend noch große Wäsche. Nach 35 min war alles sauber und trocken. Anschließend gleich noch Einkehr im benachbarten Restaurant, denn unser Ramada Hotel hat keine (!) Gastronomie. Dort werden wir von Marek bedient. Er ist 31, gebürtiger Slovake, und kam 1999 mit seinen Eltern in die USA. Als wir ins Gespräch kommen und ich ihm erzähle, daß wir im Sommer in der Tatra waren und anschließend noch bis zur ungarischen Grenze radelten, war das Eis gebrochenen. Er berichtete äußerst offen. Seine Eltern hatten sich beworben in einer Zeit des wirtschaftlichen Einbruchs in der Slowakei, und eine Green Card gewonnen! Das war spannend und dramatisch. Sein Vater sprach kein Wort englisch, er selbst wollte als 14 jähriger nicht weg von zu Hause. Doch nun hat die Familie hier gut Fuß gefasst. Er ist verheiratet, seine Frau ist ebenfalls Slovakin, er hat sie bei einem Besuch in der Heimat kennengelernt und mitgebracht. Damit hat sich der derzeitige Traum vieler Slovaken für sie erfüllt. Viele Fragen hätte ich noch stellen wollen, aber er arbeitete, da war seine die Zeit begrenzt. Am Morgen haben wir Zeit um in der Nachbarschaft zu frühstücken. Einen Block weiter gibt es eine „Frühstücksbar“. Ruth bestellt eine Waffel mit Sahne und Ahornsirup, ich nehme Gartenomelett ohne die obligatorischen gebratenen Kartoffeln, sondern nur Toast. Dazu gibt es für uns beide noch ein Schälchen Obst und natürlich Kaffee ’satt‘. Mein Riesenomelett besteht aus 4 Eiern und enthält dazu eben reichlich Gemüse: Zwiebeln, Paprika, Pilze, feingeschnittenen Spinat. Wir teilen, sitzen am Fenster und beobachten die Stadt, zumindest wie sie hier vor uns am Montagmorgen in anläuft. Neben den zur Arbeit kommenden Menschen sind auffallend viele Jogger unterwegs. Busse haben Halterungen für Räder, auch sieht man vereinzelte Radfahrer. Das ist schon erstaunlich für die USA. Wie entspannt Wilwaukee funktioniert, zumindest hier in der Innenstadt merken wir eine Stunde später als wir mit den Rädern und den aussortierten Sachen zu einer Poststation (UPS) unterwegs sind. Es gibt markierte Radspuren. Auch der Versand der Sachen zu Cathy ist überraschend simpel. Der Angestellte nimmt die 2 Plastebeutel mit unserem Zeug ( kurzärmlige Oberteile, Badeanzug, kurze Hose, Karten vom Radtrail, Ersatzakku, usw) und wird es verpacken – für 5.-$ – beschriften und verschicken. Auf dem Weg zur Poststation sind wir an Gebäuden der Technischen Hochschule vorbeigekommen und am dazugehörigen Museum der Grohmann Stiftung. Die Sammlung an Gemälden und Skulpturen zum Thema ‚Man in work‘ ist so faszinierend, daß wir den restlichen Vormittag dort verbringen und das geplante Programm verwerfen. Für Interessierte: www.msoe.edu/Museum .Zu sehen sind nur Arbeiten, die sich mit der menschlichen Arbeitskraft, seinen verschiedensten Berufen, aber auch den Arbeitsstätten beschäftigen. Sehr viele Gemälde aus dem 19. und 20. Jh. mindestens die Häfte von deutschen Künstlern. Um 15.53 Uhr nehmen wir den Zug nach La Crosse, am Mississippi, an der Grenze zu Minnesota gelegen. Unterwegs frage ich Ruth, wie ihr Urteil über Milwaukee lautet. „Milwaukee war eine verkehrstechnisch überaus angenehme Stadt, und die beiden Museen, das Grohmann und Harley-Davidsen waren schlicht ein Erlebnis…“, antwortet sie. Das Einchecken verläuft ähnlich wohlgeordnet wie in Toronto, die Räder geben wir am Gepäckwagen ab, 2 Angestellte sind dort behilflich… Danach bekommen Plätze in einem oberen Abteil zugewiesen. Unten sind in unserem Wagen Schlafkabinen. Der Zug fährt weiter bis an die Westküste. Um uns herum Amish People, vielleicht 20. Alle sehr altertümlich, traditionell gekleidet, die Frauen mit ihren weißen Hauben und die Männer mit recht urigen Bärten und längeren Haaren. Ich kämpfe lange mit mir, wie und ob ich sie ansprechen kann. Dann traue ich mich und frage, ob ich 2 Fragen stellen darf: „Wohin sie reisen, oder ob sie auf der Rückfahrt sind, und ob sie mein Deutsch noch verstehen.“ Hubert ist froh, daß ich ihn anspreche, und in einem Gemisch von Englisch und Deutsch können wir unsere Neugier befriedigen…
Monat: Oktober 2016
Milwaukee…
Über den Lake Michigan…
Arrived in Muskegon
… We’ll leave Michigan after 4 days riding soon. We enjoyed very much and we met kind and friendly people … today Cecilia, Jane, and Mike. They’ve been with bikes on the trail at first and we met them in the same cafe short time later…
Angekommen in Muskegon. Damit haben wir Michigan fast durchquert. Morgen wollen wir die Fähre nach Milwaukee nehmen, sofern sie fährt. Michigan war großartig, perfekte Radwege auf ehemaligen Bahntrassen, ziemlich flach, 2 Tage tolles Wetter, auch heute war es zum Radfahren top, und wir trafen viele nette Menschen, wie z. B. heute Cécilia, Jane und Mike…
… und dann noch einmal in Ravenna, einem kleinen Ort, den der Radweg passiert … es gibt ein ‚Hallo‘ als wir sie dort noch einmal treffen. Auch sie haben nur eine kurze Pause. Und auch sie haben wie wir nur eine Tasse mit Suppe, einen Tee. Und sie fragen uns aus … an dieser Stelle ist nun endlich auch mal Gelegenheit darüber zu berichten, wie wir das mit dem Essen halten und organisieren: üblicherweise haben wir in den Hotels, in den ‚Inns‘, wie wir sie immer wählen, auch gleich ein leichtes Frühstück. Das ist eigentlich immer zur Selbstbedienung, mit relativ einfachem Standard. Es gibt Toast, Butter, Marmelade, manchmal Rührei, oder bereits gepellte gekochte und eingeschweißte Eier -diese liegen dann als Zweierpack im Kühlschrank, neben der abgepackten Butter und dem Joghurt, oder auch der Milch – dann noch Cornflakes, selten Obst, Getränke wie Wasser, Apfel- oder Orangensaft, heißes Wasser für Tee, und natürlich Kaffee, Milch, meist auch ein bisschen Gebäck. Wir nehmen üblicherweise Cornflakes, und peppen das mitunter durch eine eigene Banane auf. Ergänzt wird das noch durch ein, zwei Scheiben Toast. Belegt je nach dem was es gibt, entweder Rührei, oder nur Butter mit Marmelade, ggf. haben wir auch eine Tomate vom Strassenverkauf. Es ist halt zweckmäßig und reicht für die vormittäglichen 30 – 40 Kilometer.
Gegen 8.00 Uhr, spätestens 1/2 9 sind wir auf den Rädern und machen etwa 2 Stunden später die erste Pause. Zwischen 12 und 13 Uhr, je nach dem wann wir einen passenden Ort passieren, kehren wir meist in ein Café ein. Man muß erklärend vielleicht noch folgendes erläutern: Eine ehemalige Bahntrasse passiert natürlich in Abständen Ortschaften, meist sind es eben noch recht vitale zentrale Gemeindezentren, welche den ringsum lebenden Farmerfamilien eben auch die notwendige Infrastruktur bereithält. Da gibt es eben eine Feuerwehr, eine Schule, einen Kindergarten, Einkaufsmöglichkeiten, vielleicht einen (Zahn-)Arzt, eine Tankstelle, Imbiss, einen Alkoholladen, und eben durchaus auch ein Café, das manchmal allerdings eher an eine gut geführte Betriebskantine erinnert. Sie sind Mittags gut besetzt, da sitzen Mütter mit Kleinkindern, neben Rentnern oder auch Berufstätigen. Es gibt eine große Tageskarte, oft eine oder zwei Suppen des Tages, mitunter frischen runden, gedeckten Obstkuchen. Amerikaner essen dort deftig und schaffen große Portionen. Wir sind eher Leichtgewichte, trinken vor allem was Warmes, und naschen eher was leichtes. Wir müssen uns ja anschließend wieder bewegen. Mit 10, höchstens 15 $ sind wir da dabei. Und es geht immer schnell.
Nach 13.00 folgt für uns die Nachmittagsetappe. Das waren dann nochmal 30, 40 km. Da gibt es nur noch einen kurzen Stop mit etwas Getränk aus dem Rucksack. Und wie Ihr wißt gibt es ja oft noch die eine oder andere Pause, wenn wir etwas anzuschauen haben, oder wenn es andere zum Schwatzen gibt. Spätestens um 5 haben wir unser Quarier erreicht, welches ich spätestens am Mittag reserviere. Wir duschen, ziehen uns um, machen uns „Ausgehfein“. Und je nachdem was sich anbietet, da essen wir dann auch mal ordentlich und kräftiger. Sehr gut hat uns mexikanisch geschmeckt, durchaus auch bei der Kette Taco Bells. Toll frisch zubereitet und immer mit viel Salat. Anfangs haben wir, ausgehungert wie wir abends oft waren, häufig Zuviel bestellt, einen Salat und ein Hauptgericht. Das ist in Amerika nicht zu schaffen. Jetzt sind wir vorsichtiger. Wir holen uns lieber noch was zum Naschen, denn irgendwie müssen ja die Kalorien wieder ausgeglichen werden. Und es macht sich gut, wenn wir am Blog arbeiten oder ich mein Tagebuch führe.
Ich hoffe, daß nachher Zeit sein wird, den Beitrag von gestern noch zu ergänzen… Jawohl, es war Zeit, heute früh…
Und im Übrigen, hätte ich mehrmals gehört, daß alle gespannt sind die ganzen Bilder zu sehen. Die müssen natürlich erst geordnet werden, und dann werde ich sie thematisch zusammenstellen:
- Die Überfahrt…
- New York…
- Der erste Radabschnitt…
- Tiere…
- Begegnungen…
- ……
- ….
Und ich werde versuchen mich auf jeweils wesentliche, markante Aufnahmen zu konzentrieren. Wir müssen das machen solange die Bilder noch „warm“ und die Geschehnisse noch frisch sind. Hatte ich da nicht schon terminliche Vorstellungen geäußert? Vielleicht am 4.11. oder 14 Tage später? Was sagt denn der Kobelclan dazu? Vielleicht nehmt ihr mal mit Anke Kontakt auf?
It was frozen…
… Yesterday! In the morning, and we’ve put on all what we have, but it got sunny and warm during the day, we reached Grand Rapids in the afternoon….
… Es jég volt mindegyik kocsin a hotel elott. Mi mindent felvettünk ami van, hála isten kesztyűink is van. De utána nagyszerű napsütésben Grand Rapids-be értünk. Nálatok mindenben? Hogy van Anna, másfél hónap után az állásban ?
… da war richtig Frost gestern früh, und wir haben alles angezogen, was unser Gepäck hergegeben hat. Doch dann wurde es ein toller Tag, mit blauem, wolkenlosem Himmel und zunehmender Laubfärbung. Nach und nach mußten wir uns dann auspellen, denn es wurde warm und und wir kamen in eine große Stadt: …
Wieder hatten wir zunächst einen schönen Radabschnitt , teils auf gesplitteten Wegen, oder breiten asphaltierten Randstreifen wenig befahrener Straßen. Gegen Mittag erreichen wir Grand Rapids. Doch vor größeren Städten haben wir aufgrund unserer Erfahrungen, der eher schlechten Erfahrungen in Syracuse, oder Niagarafalls meist zunächst Respekt. Wobei wir inzwischen gelernt haben, nicht zuletzt auch dank dieses wunderbaren IPads mit seiner Google-Map-App, auf wenig befahrene Nebenstraßen auszuweichen. Grand Rapids, Großstadt, Verwaltungszentrum in West-Michigan, hat 200.000 Einwohner. Doch wir passieren die Vororte und die weitläufigen Wohngebiete problemlos. Unser Weg führt meist auf separat markierten Radspuren immer weiter hinein in die Stadt, wo wir schließlich gegen 3/4 3 unser Quartier direkt am Grand River, das Riverfront Hotel erreichen. Da freut sich vor allem Ruth, beginnt doch um 15.00 Uhr auf dem Familiesender mit dem großen „W“ der lange Harry Potter Tag, den möchte sie sich nicht entgehen lassen. Also hat es gelohnt in die Pedale zu treten? Nein umsonst, das Hotel wird eine Enttäuschung: „Ihre Zimmer sind erst um 16.00 zugänglich,“ heißt es. Wir lungern über eine Stunde ausgeschwitzt in der Lobby herum, trinken einen Kaffee, der dort für Hotelgäste bereitsteht, schwatzen mit einem ebenfalls wartenden Pärchen aus Minneapolis. Erst 5 vor 4 bekommen wir unser Zimmer. Gänge, Teppichboden, Fahrstuhl, alles macht einen ziemlich abgewirtschafteten Eindruck. Und im Fernsehen vielleicht 30 programmierte Sender, Politk, Sport, Werbung, Kochen, Goldwaschen, Sitcoms, Schießerei und Autoverfolgungen, aber kein Familiensender mit dem „W“ und damit auch kein ‚Potter‘. Und auch kein Essen und Trinken im Haus, das Restaurant öffnet erst um 19.00 Uhr! Also müssen wir nochmal aufs Rad um in der Innenstadt zu Abend zu essen. Und auch hier haben wir kein wirkliches Glück: In „Johnny’s Sandwichbar“ hängt zwar dolle Werbung, doch es ist kalt, zugig, ungemütlich laut beschallt und die Sandwich‘ sind kein Erlebnis! Und um es vorwegzunehmen, auch der nächste Morgen hält noch eine Entäuschung bereit: Als sich ein wunderbarer Sonnenaufgang andeutet suche ich vergeblich einen schönen Blick aus dem Fenster des Zimmers, ja irgendwo aus dem Hotel zu ergattern, über den breiten Fluß, auf die herrliche Sonne. Aber alles ist aufgrund derzeitiger Bauarbeiten umfassend abgeklebt! Schade. Doch was solls, wir werden durch ein bravouröses Frühstück entschädigt. Ja, es ist das beste Frühstück seitdem wir New Yourk verlassen haben. Frischer Obstsalat, mit Müsli und Joghurt, Gebäck, natürlich gebratenes Ei, diverse Getränke, auch zum Abfüllen, diesmal keine Plasteteller sondern richtiges Geschirr, Metallbesteck und Stoffservietten. Dazu eine umsichtige und zügige Bedienung! Wir genießen es. Und für Ruth gibt es frisch gebackene Waffeln, und wir lassen uns Zeit. Später als üblich, erst kurz vor 9 besteigen wir unsere Räder. Uns erwartet nochmals eine schöne Etappe auf vollständig asphaltiertem separatem Radweg.
Und weil ich vorhin das großartige Hilfsmittel IPad erwähnt hatte: Hier danke ich endlich auch den beiden „Verursachern“, nämlich Ruth und Christian, die mir dies letzte Weihnachten unter den Tannenbaum gelegt hatten. Es ist ein großartiges Hilfsmittel! Dank seiner Hilfe finden wir immer wieder auf den richtigen Weg zurück, planen relativ knapp die nächste Etappe, finden meist erst am Morgen das richtige Quartier, das wir auch dann erst reservieren. Ohne IPad wäre es viel, viel schwieriger geworden, wenn nicht gar unmöglich. Also Danke Euch beiden.
That is really difficult today…
… To report all about this 2 days: it was simply awesome, especially after that tricky, difficult, long ride yesterday. We’ve made more than 110 miles within 2 days. It was only on road ride yesterday, from Waterford to Owosso, windy, cloudy and lot of traffic besides of us. But the best, the cloudburst has started after arriving Owosso… Totally different today: off-road more than 90 percent, partly paved! Sun was shining whole day, perfect stops at several places, and lunch buffet „All you can eat“ for $ 8,-… We’ve met Jeff in his dentistry in early morning, and Ben was with us on the trail at the end… The picture of the day? I haven’t decided yet, that’s so difficult too.
Das ist schwer heute, echt schwer über alles zu berichten, was uns gestern und heute bewegt hat, wie es uns ergangen ist. Und was ich zum Foto des Tages deklarieren soll. Das wird wohl Stunden dauern, bis ich alles berichtet habe, wie es uns heute, gestern, ja eigentlich seit Toronto ergangen ist. Soviel vorneweg, alles ist gut und heute war ein großartiger Tag. Gestern und heute haben wir wieder ordentlich in die Pedalen getreten und an 2 Tagen 180 km zurückgelegt. Dabei war vor allem der gestrige Tag ein harter Brocken, nur auf Straßen, kein Radweg und dazu schlechter Belag auf dem Randstreifen, und viel Verkehr. Ich hatte Angst, daß wir uns platte Reifen holen. Doch wenigstens das blieb uns erspart. Wie auch eine durchdringende Dusche, denn es drohte lange vom Himmel. Wir hatten jedoch kaum unser (tolles) Quartier in Owosso erreicht, da öffneten sich die Schleusen, und es schüttete… Heute früh war alles vergessen, Sonnenaufgang pünktlich um 8, aber es war deutlich kühler, vielleicht nur 5’C. Da brauchten wir schon alles, was die Taschen hergaben, und ich war froh, daß ich in Toronto noch ein langärmliges Zusatzshirt gekauft hatte. Doch der Weg heute „einfach nur erste Sahne“! Feinster Radweg, super gepflegt, rechts und links ca. 1 m breit gemäht. Bei herrlicher Sonne wirkt die beginnende schöne Laubfärbung besonders, und alle 5 km Bänke zum Ruhen, beschriftet mit den Namen der Spender. Unterwegs passierten wir auf den heutigen 80 km vielleicht 6 Gemeinden, hier sieht man, daß es den Menschen und der Gegend gut geht. Es war ein Zufall, daß wir in St. Johns eine Pause einlegten und in das dortige Café einkehrten. Es war nahezu voll belegt, denn viele Einheimische treffen sich dort zum Mittagessen. „All you can eat“ für 8.- $, es war soooo lecker, bloß wir schlagen uns ja Mittag nicht die Bäuche voll. Wir hatten u.a. ein Tässchen Hühnersuppe (das tut gut bei der kühlen Witterung), knusprigen, karamellisierten Apfelkuchen – ein Traum! Dazu heißen Tee…
Mehrfach waren wir gefragt worden, wie es denn so gelingt ins Gespräch zu kommen. Nun – man muß sich nur trauen. So wie heute früh. Wir starten gegen 8.15 Uhr, und kaum 500 m vom Hotel entfernt kommen wir an einem Gebäude mit einer Zahnarztpraxis vorbei. Kaum Autos davor, Donnerstag 8.15: „Ob die schon arbeiten? Wollen wir die Chance mal nutzen?“ Ruth hält mich nicht zurück, wir parken unsere Räder vor dem Eingang und schon stehen wir vor der Anmeldung, ich stelle mich ordentlich vor, und frage ob schon gearbeitet wird, und ob wir nicht mal schauen dürfen, wie eine ZAP in einer US-amerikanischen Kleinstadt aussieht. Es dauert keine Minute, da erscheint Jeff, der Chef, bietet Kaffee an (den wir dankend ablehnen), stellt uns seine Mitarbeiterinnen vor und zeigt bereitwillig alle Praxisräume… Danke Jeff! (Jeffrey Golombiski 60, seine Großeltern kamen vor ca. 70 Jahren aus Deutschland in die USA).
Oder heute Nachmittag, wir haben nur noch ca. 10 km bis nach Ionia, unserem heutigen Tagesziel. Wir werden von einem einsamen Radfahrer überholt, sportliches Tempo, sportlich gekleidet, mehrere Trinkflaschen am Rad. „Wie weit mag der wohl wollen, wenn er derart ausgerüstet ist,“ fragt Ruth. „Keine Ahnung, aber vielleicht hat er Angst sich zu verfahren…“ Doch kaum 300 m vor uns stoppt er, wendet und kommt uns wieder entgegen. Als er uns erreicht, wird er langsamer und hält an. Ich stoppe ebenfalls. Er: „Sagt mal Leute, wo kommt Ihr denn her und wo soll’s denn hingehen?“ Das ist Ben, aus Pewamo, wo wir vor 1 Stunde durchkamen. Er ist auf diesem Radtrail jede Woche mehrmals unterwegs. Ihn trieb die Neugier, was sind das für Typen, die jetzt im Oktober noch hier mit dem Rad und Gepäck unterwegs sind? Er begleitet uns bis zum Hotel, und unterwegs schwatzen wir über diverse Dinge, die halt so interessant sind. Diesmal über u.a. Löhne, Gehälter, Steuern, Krankenversicherung in seinem Betrieb, der Teile für die Autoindustrie, so für VW, Audi und Ford in Grand Rapid herstellt. Und das beste kommt nun: Kurz vor dem Hotel passieren wir eine kleine Brauerei, wie sie heute unter dem Titel „Craft Beer“ vielerorts entstanden sind und sich erfolgreich auf dem Markt behaupten. Wie beiläufig bemerke ich: „Das wäre für mich als Deutschen durchaus interessant mal zu kosten, wie dieses lokale Bier schmeckt…“ Stunden später, wir sind geduscht, ich habe eine Stunde an diesem Blog gearbeitet, wir haben etwas relaxt. Da entscheiden wir uns entgegen unserer ursprünglichen Absicht und gehen doch noch mal raus um ein Sandwich zu holen, und – vielleicht gibt es in der Kleinstbrauerei ja auch Flaschenbier – so statten wir der Braustätte noch einen Besuch ab. Und wer sitzt dort? Ben, mit seiner Frau Barb, in der Hoffnung uns bei der Verkostung noch einmal anzutreffen. Vor allem seine Frau hatte endlose Fragen über unsere Reise, wie wir auf diese Idee gekommen sind usw. usf. Auch das war nochmals eine unverhoffte nette Begegnung am Abend. Spontan, unkompliziert, herzlich – und als ich den Jungs von der Brauerei sage, daß ich in Michigan bisher nur freundliche Menschen getroffen hätte, sagen sie: „… Das liegt nur am Bier, und wir sollten unbedingt nochmal wiederkommen…“ Damit fast genug für heute. Nun noch das, nein -die Bilder des Tages: Das erste ist für alle Schulkinder, von Melissa, Lea, Nele, über Niels, bis hin zu Louis und Luka … die Ferien können beginnen, denn wie Ihr seht werden die Schulbusse verschrottet!
Und das 2. ist für Barb und Ben, sie haben uns einen unerwarteten Abend beschert, thank you!
Und jetzt kommt das ursprünglich geplante Bild des Tages. Es zeigt die kleine Raststation von Pewamo. Wir waren schlicht fasziniert und begeistert in welch tollem Zustand und wie gepflegt diese für jeden frei zugängliche und durch niemanden beaufsichtigte Raststätte und Toilettenanlage war…
We’re on the…
… bikes again, and we relax at Flint crepe company, that is yummi…
… Und dann kommt da noch das Foto des gestrigen Tages, für alle Treckerfans. Ich denke die sind in erster Linie in Sielow zu finden, vielleicht auch der eine oder andere aus der Löschener Kobelsippe, oder täusche ich mich?
Das Bild des Tages…
… kommt aus Toronto.
… Aber mit dem Schaukeln in der sozialen Hängematte, kann man auch hier in Kanada nichts werden, und auch das Land und die Stadt wären nicht so sehenswert, wenn die Menschen hier nicht so diszipliniert und leistungswillig wären… Aber das nur am Rande, eigentlich war es gar nicht geplant nach Toronto zu fahren, aber -Dewaynes’s Empfehlungen haben unsere Überlegungen beeinflusst.
Wir nehmen den Mittagszug nach Windsor, an die Grenze nach Michigan. Die Fahrt wird ca. 4 Stunden dauern. Windsor ist knapp 400 km entfernt. Unsere Fahrkarten kosten zusammen mit den Sitzplätzen jeweils 125, – Can$, das sind rund 85.-€. Bereits gestern Nachmittag haben wir unsere Fahrräder für 50 Can$ vorausgeschickt, da unser heutiger Mittagszug keinen Gepäckwagen mitführt. Der Bahnhof, das Besteigen des Zuges ist schon ein besonderes Erlebnis, ja ein niveauvolles Ritual, und lohnt näher beschrieben zu werden. Etwa 45 min vor Abfahrt des Zuges, also sehr pünktlich sind wir auf dem Haupbahnhof, auf der Union station. Der Bahnhof ist wirklich ein Bahnhof. Alles ist sauber, überall gibt es Sitzmöglichkeiten, Toiletten sind zugänglich, sie sind sauber und man kann sie bedenkenlos nutzen! Wir befinden uns also nicht in einer Einkaufs- und Imbissstation mit angeschlossenem Zugang zu einer Bahnhofsanlage, wie wir es aus Cottbus, Berlin oder Leipzig kennen. Eine große zentrale Anzeigetafel zeigt, wie uns auch die gut verständliche Durchsage bald mitteilt, daß der Zug jetzt 30 min vor der Abfahrt zum Besteigen auf Gleis 20 bereitsteht. Vor dem Zugang zu Gleis 20 stehen, als wir dort ankommen, vielleicht bereits 30 Fahrgäste, in entspannter Schlange. 2 Bahnbeamte begrüßen alle freundlich, scannen ein erstes Mal alle Fahrkarten. Eine wiederholte Durchsage bittet um Rücksicht für Senioren, Familien mit Kindern und auch behinderte Fahrgäste, und fordert sie auf sich beim Servicepersonal zu melden.
Ca. 20 min vor Abfahrt wird der Zugang zum Bahnsteig freigegeben, und die Fahrgäste gehen entspannt zum Zug, wo die Zugbegleiter auf die Wagennummern hinweisen, beim Einsteigen behilflich sind, zumindest beim Gepäck ggf. mit anfassen. Wir haben im Wagen Nr. 5 die Plätze 17 C und D, das ist am Ende des Wagens und auch des Zuges. Ich sage: „Ich bin …5…“, worauf der Schaffner antwortet: „… Sie schauen aber aus wie über 30…“. So ist es eben mit unserem nicht perfekten Englisch! Im Wagen selbst, sind rechts und links je 2 Plätze in Fahrtrichtung, insgesamt 17 Reihen, also Platz für ca. 70 Passagiere. Alle Plätze sind besetzt denn der Zug ist ausverkauft. Noch vor Abfahrt erscheint der Wagenschaffner, oder bezeichne ich ihn besser als Servicebegleiter? Auf jeden Fall erscheint er um Reisende am Wagenende, nämlich mich und einen Studenten hinter mir, freundlich und mit wenigen witzigen Worten auf die Öffnung der Notausstiege im Ernstfall hin- bzw. einzuweisen. Ruth bittet er darum, er sagt: “ Madam…“, darauf zu achten, daß wir den Notfall nicht verschlafen. Dann fliegt die Landschaft der Provinz Ontario an uns vorbei. Es ist vorwiegen Farmland, flach und eben, auch hier gibt es Windräder. In vielleicht 6 Orten halten wir unterwegs, etwa nach 200 km erreichen wir einen Ort mit dem bekannten Namen London, da verlassen die meisten Fahrgäste den Zug. Unser Servicebegleiter hat bis dahin bereits 4 mal die Runde durch den Wagen gemacht: Das erste Mal kurz nach der Abfahrt, um nach dem Rechten zu sehen, eventuell noch Gepäck zu verstauen. Beim 2. Mal kam er mit Getränken und kleine Snacks, das 3. Mal um Müll und Verpackung oder bereits ausgelesene Zeitungen einzusammeln. Beim 4. Mal hat er etwas Zeit, denn es sind nur noch wenige Reisende im Wagen. Wir kommen ins Gespräch, denn er hat gleich erkannt, daß wir keine Kanadier sind: „Ja, wir kommen aus Europa, aus Deutschland.“ – „…und aus welchem Teil von Deutschland?“ Wir antworten immer: „Aus der Nähe von Berlin, einem kleinen Dorf, etwa 100 km südlich.“ – „Ahh, Hertha BSC, Hertha Berlin, kennen Sie das? Ist das Ihr Team? “ Bekanntlich hält sich meine Sympathie für die Hertha ja in Grenzen: „… wir haben bei uns dort ein eigenes Team, in Cottbus…“ Das kennt Mourad (51), so heißt der sympathische Zugbegleiter, natürlich nicht. Obwohl er sagt, “ ich habe Fußball gespielt, früher“. – „Und, wo kommen Sie her?“ frage ich, denn ich habe auch schnell erkannt, daß Mourad kein gebürtiger Kanadier ist. – „Aus Algerien.“ – „Wie lange sind Sie schon hier?“ – „Ohh, schon fast 20 Jahre.“ – „Und wieso, und wie sind Sie nach Kanada gekommen?“ Mourad lacht: “ Na durch den Fußball, ich war Fußballprofi.“ Dann sprudelt es nur so aus ihm heraus, „… Algerien – Deutschland, 1982 in Spanien… Hrubesch, Kalz, Möller…“ Er kennt die gesamte Aufstellung der deutschen Mannschaft noch immer auswendig. Ich frage nochmal: „…und wie sind Sie nach Kanada gekommen?“ Nun erklärt mir Mourad genauer: „Nun, ich war Fußballprofi, und hatte mit 19 Jahren meinen ersten Vertrag in Bastia, auf Korsika. Dann hatten wir ein Spiel gegen Kanada, ein Freundschaftsspiel, und der Betreuer, der auch andere Kanadische Teams betreut, hat gesagt, ich solle nach Kanada kommen. Ich bekomme einen besseren Vertrag. Da hatte ich schon 80.000 für die Saison in Bastia, und sie haben mir einen Vertrag in Kanada angeboten mit 120.000 $. Das ist sehr viel Geld für einen 19 – 20 jährigem Jungen. Doch mein Papa hat ’nein‘ gesagt, er hat es nicht erlaubt. Also blieb ich in Bastia.Doch nach 2 Jahren ist der Papa gestorben, und mein großer Bruder sagte, ich könne gehen, und soll meine Chance nutzen. Und ich habe das gemacht. Ich war klein, ich war wendig, dribbelstark. Ich war diszipliniert, denn ich war in Algerien durch eine harte, aber gute Sportschule gegangen. Und ich konnte kämpfen. Und so bin ich nach Toronto gekommen und bekam im ersten Jahr 120.000$ und dann einen Vertrag für 3 Jahre mit 180.000 $ pro Saison. Und ich hatte Glück, blieb gesund, war nicht verletzt. Ich habe auch immer diszipliniert und gesund gelebt, nicht geraucht, nicht getrunken…“- “ Wo lebst Du jetzt?“ – „In Toronto.“ – „Spieltst Du noch Fußball?“ – „Ja, einmal in der Woche, mit den Ü 50.“ – „Hast Du Familie?“ – „Ja, ich bin verheiratet und habe 2 Töchter und einen Sohn, d.h. zuerst ein Zwillingspärchen und dann noch eine Überraschungstochter.“ Dann muß Mourad gehen, mal nach den anderen Fahrgäsen sehen. Als er wiederkommt bringt er 2 Kaffee für uns mit, und 2 mal kleine Schokolade. Eine Bezahlung weist er strikt zurück. Dann schwatzen wir weiter. Wir müssen über unsere Reise berichten, auch er warnt vor manchen Gegenden in Detroit, insbesondere nach Einbruch der Dunkelheit. Telefonisch versucht Mourad einen Shuttleservis für uns nach und durch Detroit zu organisieren. Ich frage, ob er noch nach Algerien fährt, und wie oft. Ja, sagt er, meist im März für mindestens 4 Wochen. Wir reden über Politik, und die Lage in Algerien. Dann kommen wir noch auf die Einwanderung, insbesondere hier in Nordamerika zu sprechen und Mourad meint dazu: „Amerika und Kanada sind clever, sie wollen die besten haben, und sie holen die besten. Die, die arbeiten wollen, und die klug und diszipliniert sind. Und sie bezahlen sie gut, besser als anderswo. Deshalb stehen sie so gut da.“ Es gäbe noch vieles zu besprechen und zu befragen, doch wir kommen nach Windsor. Hier endet der Zug. Wir verabschieden uns von Mourad, diesem überaus freundlichen Zugbegleiter herzlich.
Wir resümieren: Radfahren ist nicht alles, Zugfahren geht auch, weil –
- sich ohne Kraftanstrengung in kurzer Zeit eine größere Distanz überwinden lässt,
- man bequemer sitzt,
- man die Landschaft re. und li. Besser betrachten kann,
- es keine angenehmen und unangenehmen Witterungsbegleiter, keine Hitze, kein Regen, keinen Gegenwind, keine erbarmungslose Sonne gibt,
- und weil man nicht schwitzt.
GLeich als wir in Windsor aussteigen, nehmen wir ein Taxi, einen kleinen Caddy. Hier passen auch unsere Räder mit abmontierten Vorderrädern hinein. Wir wollen Detroit durchqueren und am nördlichen Stadtrand, in der Nähe des Flughafens in einem einfachen Hotel übernachten. Ein junger Mann aus dem Jemen, Salah (31), fährt uns. Er ist seit 4 Jahren in Kanada. Das Taxi hat er gemietet, 450 $ pro Woche. Es ist Dienstag Nachmittag, 17.00 Feierabendverkehr. Wir haben viel Zeit zum Reden …
Es geht uns gut,
Nach genau 623 km…
… haben wir die Niagarafälle, unser erstes Ziel erreicht! Darüber sind wir froh und erleichtert. Hier werden wir unseren müden Muskeln einen verdienten Ruhetag gönnen, vielleicht nur spazieren gehen, und planen wie es weitergeht.
Niagarafalls, wie der Ort heißt, hat uns erst einmal erschlagen: Einen derartigen Rummel hatten wir nun doch nicht erwartet. Touristen ohne Ende, entsprechende Hotels, jede Menge Entertainment, von Hubschrauberrundflügen, über Bootstouren, Aussichtsplattformen bis hin zu den verschiedenen Wander- bzw. Erkundungswegen. Die gesamte umgebene Region hat ca. 1,2 Mill. Einwohner.
Just in dem Moment als wir gestern auf unserem Kanalweg das Ende des Weges in Tonawanda erreichten, stießen wir am Wegweiser fast mit einem gut ausgestatteten Radfahrer zusammen. Es folgte das übliche Ritual: “ Hi, machst Du den Trail? … Wie geht’s, … Und Ihr? … Wo seid Ihr gestartet, … Wie lange habt Ihr gebraucht… Starke Leistung… Ist überall gut markiert? … Wo habt Ihr geschlafen? … Usw!“ Wir treffen auf Dawayne aus Minneapolis, natürlich nehmen wir uns Zeit für einen gemeinsamen Kaffee, er ist neugierig und wir sind auch wißbegierig, was er für Empfehlungen zur Weiterfahrt nach Minnesota hat. Also ein Glücksfall für uns.